Promotion
Dissertationen
Bettina Biel: Analyse der softwarearchitektonischen Unterstützung der Usability mobiler Anwendungen
Rasante Innovationszyklen, kurze Produkteinführungszeiten und ein hoher Konkurrenzdruck sind typische Rahmenbedingungen für die Entwicklung mobiler Anwendungen. Dies sind Anwendungen, die auf mobilen Endgeräten laufen und in verschiedenen Umgebungen verwendet werden. Usability (Benutzbarkeit) kann durch die Softwarearchitektur einer Anwendung unterstützt, aber auch behindert werden. Je später im Softwareentwicklungsprozess Usability beachtet wird, umso aufwendiger werden Änderungen an der Softwarearchitektur. Um dieses Risiko zu verringern, ist es nötig, so früh wie möglich offenzulegen, ob Usability-Anforderungen architektonisch unterstützt werden. Potenziell hohe Architekturänderungen werden mit Methoden zur szenario-basierten Softwarearchitekturanalyse ermittelt; es wird dabei verifiziert, dass ein Qualitätsmerkmal architektonisch berücksichtigt wurde. Frühere Methoden bezüglich Usability erreichen dieses Ziel, erscheinen aber sehr komplex: Sie erfordern zum einen Wissen über Patterns und zum anderen sind die Freiheitsgrade beim Erstellen, Auswählen und Evaluieren von Szenarios hoch. Wie die früheren Methoden Usability-Attribute verwenden, behindert zudem eine engere Kooperation mit dem Usability Engineering, für das gemeinsame Begriffe und Vorgehensweisen grundlegend wären. Deshalb ist es notwendig, eine Methode zu konstruieren, die einfacher und interdisziplinärer ausgerichtet ist. Aufgrund dessen werden in dieser Forschungsarbeit mittels Literaturstudien zuerst Forschungsfragen, dann Hilfsmittel und schließlich eine theoretisch fundierte Methode erarbeitet. Um diese zu validieren und zu vereinfachen, durchläuft sie - mit kanonischer anwendungsnaher Forschung - zwei Fallstudien zu mobilen Anwendungen.
Ergebnis ist die szenario-basierte Methode SATURN („SoftwareArchitekTuranalyse von Usability-anfoRderungeN“), in der anfangs mittels Nutzungskontextanalyse die Interaktionsszenarios erstellt werden, die für Anwender relevant sind. Hilfsmittel umfassen die Faktoren des mobilen Nutzungskontexts und einen Katalog von 50 potenziell architektursensitiven Interaktionsszenarios. Diese sind von Patterns abgeleitet, referenzieren sie und unterliegen einem definierten Lebenszyklus. Die Analyse stützt sich auf die verwendete Architekturdefinition und auf das Prinzip der Sichtenmodelle. Bewertet wird, inwiefern Struktur oder Verhalten von architektonischen Elementen verhindern können, dass ein Interaktionsszenario (hypothetisch) durchgeführt werden kann. Betrachtet wird dabei, wie Usability berücksichtigt wurde, welche vor- und nachteiligen Architekturentscheidungen und welche Austauschbeziehungen mit anderen Qualitätsmerkmalen bestehen. Die Ergebnisse von SATURN fließen zurück zur Erstellung der Softwarearchitektur und zum Usability Engineering. Die Methode ist auch mit einem Nutzertest kombinierbar.
Mit SATURN ist die Analyse der architektonischen Unterstützung für die Usability mobiler Anwendungen einfacher als mit früheren Arbeiten. Dies inspiriert zu weiterer Forschung, wie beispielsweise Fallstudien zum Zusammenhang zwischen Usability und Softwarearchitektur, die Ausrichtung der Methode auf andere Qualitätsmerkmale, neue konstruktive Möglichkeiten in agilen Prozessen oder allgemein die Koordination von Usability Engineering und Softwareentwicklung.